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Es war tatsächlich so, dass mir die Deutung des Märchens „Die sechs Schwäne“ im Rahmen einer alternativ-medizinischen Behandlung verordnet wurde, nicht etwa von einem Psychologen, sondern von einer Heilpraktikerin, die auf diese Weise den Ursachen meiner rheumatischen Erkrankungen auf den Grund zu gehen versuchte. (Was immer man davon halten mag: Allein die intensive Beschäftigung mit dem Märchen lenkte mich über Monate von meinen Beschwerden ab, so dass sie deutlich weniger wurden.)
Die Aufgabe war es herausfinden, mit welcher der Märchenfiguren ich mich am ehesten identifizieren könnte. Später lautete die Frage: „Welche Botschaft hat das Märchen für Sie persönlich, und gibt es vielleicht eine Botschaft, die auch für andere Menschen von Bedeutung ist?“ Ich sollte alles aufschreiben, was mir dazu einfiel. Und das tat ich dann auch …
Dass im Laufe von vielen Monaten ein Buch daraus wurde, damit hatte weder die Heilpraktikerin noch ich selbst gerechnet.
Ungewöhnlich, ja fast experimentell, war auch die Herangehensweise an die Märchendeutung. Ich arbeitete rein assoziativ, und – wenn mich mein Verstand verließ: meditativ-intuitiv. Das heißt: Wenn ich mit meinen Überlegungen nicht weiterkam, ließ ich die bewusste Verstandesarbeit los, bat aber gleichzeitig mein Unterbewusstsein, weiter an der Frage zu arbeiten. Meistens ließen die Antworten nicht lange auf sich warten, manchmal dauerte es auch etwas länger. Aber eine Antwort habe ich früher oder später immer bekommen: in Form von Träumen, Gedankenblitzen und Einsichten, die „vom Himmel“ fielen...
Da ich keine Literaturliste im Anhang aufführte, wurde ich später oft gefragt, woher ich mein Wissen genommen habe. Daher möchte ich an dieser Stelle kurz darauf eingehen: Natürlich sind nicht nur intuitive, sondern auch angelesene Weisheiten in das Buch eingeflossen. Ich hatte in den 90er Jahren Unmengen an esoterischer, philosophischer und religiöser Literatur verschlungen, die mich ohne Zweifel in meiner Deutung beeinflusst bzw. diese erst ermöglich haben. Ohne Input kein Output.Die entscheidende Erkenntnis, der Schlüssel zur Deutung dieses Märchens, war mir jedoch „im Schlaf“ bzw. in der Meditation zugefallen. Es war folgende: „Die gesamte Handlung des Märchens spielt sich (gleichsam) in meinem Inneren ab. Keine Figur deckt sich mit meiner ganzen Persönlichkeit, sondern entspricht nur einem Teilaspekt von ihr. Folglich sind sowohl König und Hexentochter wie auch das kleine Mädchen und die Schwäne nur verschiedene Aspekte meines gesamten Wesens …“.
Ich hatte zu diesem Zeitpunkt weder C.G Jung noch andere Experten auf dem Gebiet der Märchendeutung studiert. Erst einige Jahre nach Erscheinen meines Buchs fiel mir ein aktuelles Buch von Marie-Luise von Franz in die Hände, die Schülerin von C. G. Jung gewesen war. Ich las den dicken Schinken, als hätte ich ihn selbst geschrieben und stellte erstaunt fest, dass meine Herangehensweise an die Märchendeutung mit derjenigen der renommierten C. G.Jung-Schülerin durchaus vereinbar war. Sie kommt in ihrem Buch zu ähnlichen Ergebnissen wie ich, allerdings sind die ihren wissenschaftlich (empirisch) fundiert.
Das Ergebnis meines Ausflugs in die psychologische Märchendeutung erstaunt mich nach wie vor selbst.
Ich Rahmen und im Nachgang zu meiner Märchendeutung schrieb ich übrigens auch selbst einige Märchen, von denen ich 2016 das Märchen „Der Rabe mit dem goldenen Schnabel“ als illustriertes Kinder- und Märchenbuch veröffentlicht habe.