Paghjella home

(…) Auch Jean-Pascal hatte die unbekannte Schöne sofort im Visier, die alleine an einem der vorderen Tische Platz genommen hatte, wie es sich nur Ausländerinnen herausnahmen. Obwohl ihn seine innere Stimme warnte – Blondinen hatten ihm bislang nur Unglück gebracht –, konnte er seinen Blick nicht von der Fremden lassen und hatte schon bald das Gefühl, nur für sie alleine zu spielen. Als endlich alle Touristen gegangen waren und nur noch Silka und ein paar Einheimische an den Tischen saßen, hatte er seine Gitarre in die Ecke gestellt und sich zu seinen Freunden gesellt, die an der Theke standen. Einer der jungen Männer, die sich bis zu diesem Augenblick unterhalten hatten, stimmte plötzlich ein korsisches Lied an, das ganz anders klang als die gefälligen Chansons, die Jean-Pascal kurz zuvor für die Touristen geträllert hatte. Der Mann sang mit kräftiger, vibrierender Stimme eine gleichzeitig fremd und vertraut klingende Melodie, wobei er die Augen schloss und eine Hand ans Ohr hielt, als würde er einem fernen Orchester lauschen. Seine beiden Freunde setzten erst einige Takte später ein. Ihre kehligen Bassstimmen hallten wie tiefe Glocken, die das Lied zum Schwingen brachten. Wiederum einige Takte später stimmte auch Jean-Pascal mit seinem hellen Tenor in den Gesang ein. Er schien die Melodie noch einmal neu zu improvisieren, die bereits von der Koloratur der mittleren Stimme kunstvoll verziert wurde. Plötzlich schwollen die Töne an, trugen die Stimmen empor und erfüllten den ganzen Raum, als wollten sie von Sängern und Publikum Besitz ergreifen:

Wenn man nach Santa Lucia kommt,
sieht man in der Ferne rote Felsen.
Die Zeit hat die Tränen nicht trocknen können,
die hier geflossen sind.
Hundert Mann hatten das Dorf erobert.
Sarazenen, Knechte des Entsetzens. (…)

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