Die Geschichte Amaros
oder „Maktub“
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(…) Erst als Amar näher kam, erkannte er, dass es sich bei der Blondine nicht um seine geliebte Englischlehrerin handelte. Sie war bei weitem nicht so hübsch wie Miss Jones, ihre gelben Haare waren sichtlich gefärbt und ihr Mund grell geschminkt. Als er sie nach einem Hotel fragte, musterte sie ihn kritisch von oben bis unten und bedeutete ihm mit einer Kopfbewegung, ihr zu folgen. Er wunderte sich zwar über das Gehabe der Frau, die noch kein Wort gesprochen hatte, dachte aber bei sich: andere Länder, andere Sitten.

Als er das schmutzige Zimmer betrat, das sich im zweiten Stock eines baufälligen Hinterhauses im Hafenviertel befand, ahnte er bereits, dass hier etwas nicht stimmte, aber da war es bereits zu spät. Wie hypnotisiert starrte er auf die junge Frau, die bereits begonnen hatte, sich auszuziehen.

„Nun, was ist, Kleiner? Ist wohl das erste Mal, was?“, fragte sie ihn, als er wie erstarrt vor ihr stand. Erst als sie mit bloßem Oberkörper auf ihn zukam und ihm den oberen Hosenknopf öffnete, begriff er, dass er es mit einer Prostituierten zu tun hatte. Aber er wehrte sich nicht …

Zehn Minuten später hatte er nicht nur seine Unschuld verloren, sondern auch sein ganzes Geld. Auf dem Weg zur Treppe hatte ihm jemand ein Bein gestellt, so dass er auf die verdreckten Holzdielen gefallen war. Als er sich aufrappeln wollte, tauchte über ihm ein tätowierter Kerl auf und stieß ihn wie eine leere Flasche erneut zu Boden. „Nicht so schnell, Kleiner. Erst zahlen, dann kannst du abhauen“, zischte er. Als Amar erwiderte, er habe bereits gezahlt, und sich weigerte, noch mehr Geld rauszurücken, schlug ihn der Zuhälter brutal nieder. Dann durchwühlte er seinen Seesack und durchsuchte seine Hosentaschen. Er fand das ganze Geld, das ihm seine Mutter mitgegeben hatte, und auch die Fahrkarte nach Paris. …

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